Amtliche Leitsätze:
1. Zentral für die Feststellung einer familiären Lebensgemeinschaft ist der bei beiden Eheleuten bestehende Wille, die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet tatsächlich herzustellen oder aufrechtzuerhalten. Das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft ist dabei weder eine notwendige noch eine hinreichende Voraussetzung für die Feststellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft.
2. Gerade im ausländerrechtlichen Verfahren um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gebietet § 88 VwGO eine sachdienliche Auslegung und ggf. Umdeutung der Anträge – unabhängig von der Frage der anwaltlichen Vertretung –, weil hier bereits die Abgrenzung der Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und § 123 VwGO nur rudimentär im Gesetz abgebildet ist und es sich um eine der wenigen Ausnahmen handelt, bei der trotz der in der Hauptsache statthaften Verpflichtungsklage entgegen § 80 Abs. 1 VwGO dennoch ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO einschlägig sein kann.
3. a) Grundsätzlich kann vorläufiger Rechtsschutz zur Sicherung eines Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels bei einer Einreise ohne das erforderliche Visum nur dann gewährt werden, wenn keine Zweifel am Anspruch auf die Titelerteilung oder der Unzumutbarkeit der Nachholung des Visumsverfahrens bestehen und keine tragfähigen Ermessensgesichtspunkte ersichtlich sind, die eine Ablehnung rechtfertigen können.
4. b) Anderes kann dann in Betracht kommen, wenn und solange verbleibende, letzte Zweifel am Bestehen eines Titelerteilungsanspruchs auf einer nicht hinreichenden Sachaufklärung durch die zuständige Ausländerbehörde beruhen und bzw. oder die Tragfähigkeit möglicher Ermessensgesichtspunkte (hier bei der Anwendung von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) aufgrund einer unzureichenden Sachaufklärung durch die Ausländerbehörde im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht zu beurteilen ist (Fortführung der Senatsrechtsprechung aus dem Beschluss vom 20.9.2012 – 11 S 1608/12).
VGH Mannheim, Beschluss vom 20.9.2018 – 11 S 1973/18